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- Postkarte ungelaufen
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Gedanken zur Karte
Das ist die Postkarte, die mich ursächlich zu meiner Version der Geschichte über Dora Neumanns und meinem Roman "Postkarten an Dora" inspiriert hat. Ich stellte mir während der Arbeit am Buch immer vor, dieses Mädchen auf dem Bild sei meine Dora, die Echte.
Das Mädchen auf dem Bild ist eigentlich noch ein Backfisch, ein junges Ding, aber ich mg ihre Attitüde. Die Art wie sie in die Kamera guckt, hat etwas Rebellisches an sich, das Kinn leicht erhoben, ihr Blick fast ein wenig trotzig, auch wenn ein trauriger Zug um ihre Augen liegt. Ein beinah wehmütiges Lächeln umspielt ihre Lippen und man weiß nicht, woran sie gerade denkt. Sie schaut fast ein wenig gequält drein, als sei es ihr selbst dann doch nicht so ganz geheuer, was sie hier treibt.
Sie posiert vor der Linse des Fotografen, die Hände ins Hohlkreuz gestemmt, Brüste und Hintern weit herausgestreckt, als wolle sie sagen: "Schaut her, seht mich an, ich bin schon eine richtige Frau!"
Aber ihre Züge haben noch etwas Kindliches, sie ist ein Teenager, der sich ausprobiert. Und dabei definitiv die Grenzen von Anstand und Sitte überschreitet, denn sie ist nackt unter dem dünnen Stoff, der ihren Körper geschmeidig umfließt. Kein Leibchen aus festem Leinen zwängt sie ein, keine bauschige Unterhose stört die Silhouette, nur eine hauchzarte Lage weißen Batists trennt den Blick des Betrachters von ihrer milchweißen Haut. - man darf nicht vergessen, dass die damalige Kleiderordnung einen solchen Aufzug vermutlich als "skandalös" eingestuft hätte. In manchen Teilen der Welt gälte die junge Dame auch heutzutage noch als nahezu unbekleidet. Und so mancher zeitgenössische Betrachter wird dann wohl beim Anblick des Motivs Herzrasen bekommen haben.
Ich frage mich immer, was der Vater des Fotomodells wohl dazu gesagt hätte, wenn er gewusst hätte, was sein kleines Mädchen da vor der Kamera treibt? Wahrscheinlich wird er es nicht gewusst haben, denn er hätte es mit Sicherheit nicht begrüßt, dass seine Tochter einem Fotografen für solche Aufnahmen Modell stand. Noch dazu, da man davon ausgehen kann, dass es sich bei einem Fotografen damals tatsächlich um einen Mann handelte und die beiden vermutlich allein miteinander im Studio waren, als die Aufnahmen entstanden. -ich weiß, das sind alles nur Mutmaßungen, vielleicht war es ja auch ganz anders. Aber dieser Gedanke ließ mich einfach nicht mehr los und die Postkarten-Serie hat mich dermaßen fasziniert, dass die (fiktive) Geschichte ihrer Entstehung dann zur Eröffnungsszene meines Romandebüts "Postkarten an Dora" wurde.
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